NACHRUF AUF PETER KOLBERT VON ERICH MARCEL FRIEDMANN Peter Kolbert ist gestorben. Wie schon lange vorauszusehen war, brachte ihn nun seine Sucht endgültig zur Strecke. "Selber schuld", höre ich nun in der wiener Gerüchteküche mehr oder weniger offen und sogar verächtlich herumwispern. Ich sage: So ein Unsinn! Schuld als Kriterium für das was passierte ist in diesem tragischen Zusammenhang irrelevant und völlig verfehlt. Ursache und Wirkung hingegen im Kontext eines derartigen menschlichen Dramas abzuwägen, auch wenn nicht jede Ursache jemals klar erkennbar und erklärbar war und ist, wäre hier die adäquate Haltung unsererseits die Peter sehr wohl verdient hat. Peter Kolbert war ein hervorragender Drummer! Vielleicht der beste Rock-Drummer den Wien jemals hervorgebracht hat. Darüber ließe sich streiten. Peter Kolbert war ein sehr unglücklicher Mensch. Darüber läßt sich nicht streiten. Wo ist da die Schuld wo der Schuldige, wo unter uns der Richter, der mit Recht mit dem Finger auf sein Leben zu zeigen im Stande ist???? Gibt es auch nur einen von uns, der kein heimliches Versteck für sein eigenes, (hoffentlich) kleines Unglück in sich selbst angelegt hat. Peters Versteck für sein persönliches Unglück jedoch konnte nicht groß genug sein, war dauernd zu klein. Damit wars mit dem Versteckspiel schnell und auch bald zu Ende. Sein Unglück war ihm in den letzten Jahren auf die Stirn geschrieben. Auch könnte ich sagen, es war endgültig ausgebrochen, floß bald Tag und Nacht durch seine Adern, war irgendwann plötzlich sein zweiter erster Vorname geworden. Unglück war und ist nicht gesellschaftsfähig, das weiß jeder von uns. Unglück wird gemieden als wäre es ansteckend wie die Pest und vielleicht ist es das ja auch. Fast jeder von uns der mit Peter zu tun hatte ist früher oder später vor Peters Krankheit und dem damit verbundenen Elend auf die eine oder andere Art geflüchtet, so wie Peter ja bekanntlich versuchte dies bei sich selbst tagtäglich vergeblich aufs Neue zu versuchen bis hin zu seinem einsamen, traurigen Ende. Er rannte vor etwas Übermächtigen davon, blieb nicht mehr stehen, drehte sich irgendwann nicht mehr um, hatte all seine Widerstands- kraft verloren samt allen Glauben an sich selbst. So sahen wir alle ihm machtlos zu wie er seinem Untergang entgegen floh, als wäre er auf unüberwindbar stählernen Schienen dahin immer schon unterwegs gewesen. Jeder von uns weiß-wußte Bescheid über sein akutes Drogenproblem. Welches unsagbar unüberwindliche und eigentliche Problem er wie einen Stein als Last mit sich, oder besser, in sich herumtrug und daran so furchtbar litt weiß keiner. Möglicherweise wußte er es selbst genau so wenig wie wir, die nun Hinterbliebenen. Seine Sucht war sicherlich die ventilierte Auswirkung jener tiefsitzenden Ursachen die keiner von uns konkret mehr erfahren wird können. Wäre sie denn überhaupt jemals zu erfahren gewesen? Eine Frage die nach keiner Antwort mehr zu rufen im Stande ist und nun in der Taubheit der Totenstille nächtens echolos verhallt. Ein übermächtiger Knoten in ihm für den er keine Worte seiner Seelenqualen fand, eine Art kritischer, schwelender Masse, deren Inhalt hinter undurchdringlichem Diffusem so grell ersichltich auf sein Lebenslicht drückte, es bitter-langsam erdrückte und jeder einzelne um ihn herum inklusive Peter selbst war augenscheinlich völlig machtlos dagegen. Er hatte noch versucht einen Weg zu finden, eine Weiche, nur er fand keinen mehr hinaus aus seiner Flucht vor jenem unbekannten Schmerz, aus seiner Flucht auf Schienen. Was für ein Verlust! Warum nur? Die Antwort bleibt nun für immer in jenem kargen Dunkel des Unwissens, ein ungelöstes, ja ein unlösbares Rätsel welches uns hier nun beunruhigt, und ratlos traurig zurückläßt. Lieber Peter, ich habe Dich seinerzeit sehr bewundert! Du als Künstler und Schlagzeuger warst vielen und auch mir ein Vorbild. Du wirst mir weiter schnerzhaft fehlen wie Du mir nun schon viele Jahre fehltest, seit Du aufgrund Deiner Krankheit aufgehört hattest der Mensch und geniale Musiker zu sein der Du so beeindruckend einmal für uns alle warst. Peter, alter Freund, ich werde Dich nicht vergessen und vor Allem so in Erinnerung behalten wie Du warst bevor Dich der unerbittliche Sog Deiner Krankheit endgültig verschluckt hatte. Pfiati Peda, moch's guat, und vur oim s'nächste moi bessa!