Nuevo discos - new records - neue Platten pt.2!

Zur Wochenmitte setze ich wieder einmal Zeichen und fordere Alle auf, endlich einmal das Jammern einzustellen, wenn Musik zur Sprache kommt. Es langweilt mich derart, dass Musik nur mehr über Ökonomie oder Gadgets abgehandelt wird. Reden wir über Musik und in diesem Fall über österreichische Neuerscheinungen.

Robert Rotifer

Metalycee

Cherry Sunkist

Dr. Didi

Louie Austen

 

Robert Rotifer "Coach Number 12 of 11" CD - Wohnzimmer
Vorneweg: Bei nuevo discos lesen Sie nur ehrliche Reviews! Also beginne ich gleich mit einem Geständnis: Robert Rotifer hat mich bislang eher gelangweilt. Nicht so mit "Coach Number 12 of 11"! Der Opener entführt mich in den Süd-Westen der USA, dann und wann vermute ich Stephen Stills an der Gitarre, dürfte Kevin Ayers im Studio Charme versprüht und Paul Weller beim Tee "yesssss!!!" gesagt haben. Eine dermaßen fröhliche Platte habe ich schon lange nicht mehr gehört, luftig, voll perlender Melodien, zartem Drive und superfeinem Gitarren-Sound. Anyhow, vergessen sie die Schreibe, hier kann man das Popalbum des Jahres gleich einmal Testhören - http://www.robertrotifer.co.uk/index.php?s=music

Metalycee "Metalycee" 12" Vinyl - Interstellar Records
Mit Metalycee verbinde ich immer Ableton Live, weisse Macs und Psydo-Metal auf arty. Traurig ist, dass ich nicht einmal weiss, wie sich solche Bilder in meinen Ganglien festsetzen konnten. Vorneweg: "Ich entschuldige mich, knie nieder und preise Euch, ihr himmlischen Metalycee's. Ich werde meine biologische Festplatte mit Stromstößen reinigen und dann landauf und landab Kunde tun, dass dieses Album jeden Euro wert ist, nicht gratis gesaugt werden soll, damit Label wie auch Band hoch motiviert ihr Werk festsetzen können!"
Die Herren Hummer und Steiner, normalerweise bei Thilges Producer ethno-experimenteller Tunes, haben im Team mit Breuer (Drums), Schellander (Bass) und Melita Jurisic (Vocals) eine derart intensive, stilistisch freie Platte produziert, die in meiner Schallplatten-Sammlung einen würdigen Platz neben Coil, Scorn und Spectre finden wird. Der Sound ist düster, aber nicht dark, mächtig, aber nicht brutal. Die Band spielt perfekt abgestimmt und die Stimme von Jurisic toppt alles. Outstanding!

Cherry Sunkist "OK Universe" CD/12" - 22. Jahrhundertfuchs
Als Lektor an der Linzer Kunstuni habe ich über die Jahre hinweg das Vergnügen gehabt, höchst talentierte StudentInnen begleiten zu dürfen, wie Parov Stelar, Just Banks, Horace, Washer, Bauxl von Die Antwort und Cherry Sunkist um nur einige zu nennen. Da zittere ich natürlich bei jedem neuen Tonträger mit, so als hätte ich damit echt was zu tun. Nun gut, stop mit dem Gesülze: "OK Universe" haut mich schlicht aus den Socken. Electro at its best! Großartige Stimme, wunderbare Bass-Läufe, spartanische Beats und Synths, die so old school klingen, dass man schon wieder sehr jung sein muss, um sie auf Platte zu bannen. "OK Universe" rockt, ein feiner Track jagt den nächsten, Power und Charme sind kein Widerspruch, genauso wenig wie Drive und Trash. Jeder der die Platte gratis saugt, wird von mir eigenhändig verdroschen.

Dr. Didi "New Songs" CD - Extraplatte
Im Vorjahr "Songs", heuer "New Songs" und beide Male das selbe Konzept: Rein ins Studio, Mikros positionieren und aufnehmen. Pro Aufnahmetag eine full-length CD. Peter Androsch, klassischer Komponist mit einer schönen Vergangenheit bei Monochrome Bleu und Camorra trifft auf Didi Bruckmayr (Dr. der Handelswissenschaften), schwer bekannt als Sänger und Performer bei Bruckmayr, Fuckhead und Wipeout. Haben die beiden Linzer "Songs" noch als Duo eingespielt, so stieß bei "New Songs" der double bass Spieler Bernd Preinfalk dazu, was dem Ensemble-Spiel noch mehr Bauch verlieh, aber auch Wärme. Didi singt wie eh und je großartig, lotet auf "new Songs" sein breites Spektrum aus, mal als charmanter Crooner, dann als Stimm-Akrobat, stiller Singer-Songwriter oder Wüterich. Musik so weit weg von Formaten, dass einem ganz warm ums Herz wird. Intimität und Ausbruch, gepaart mit Lieblichkeit, Wahn und Ironie, wo das Weglassen die eigentliche Virtuosität darstellt. Ein stilles Meisterwerk!

Louie Austen Ft. Senor Coconut "Reality" EP 12"/CD - Klein Records
Schlagzeile: Mega-Crooner und Cover-Band vergreifen sich an "Dreams are my reality". Zugegeben, das klingt reißerisch, aber Louie Austen könnte das Wiener Telefonbuch singen und alle würden es zu recht geil finden. Super-Crooner, Super-Schnulze und Super-Coverband, ist das nicht alles zu viel, eine emotinal overdose, ein Schrank voller feuchter Höschen, ein Bad in feuchten Teenager-Träumen, ....... oder doch nur eine Übergimmick?
Zur Musik. Die Platte ist dann nahezu vollendet, wenn die Musik im luftigen Ballroom-Stil zeitlos darherschwebt (Senor Coconut-Mix) und viel Platz für eigene Gefühlswelten läßt. Da spürt man Hingabe und es liegt Liebe in der Luft. Natürlich sind die anderen Interpretationen von "Reality" (Christopher Just, Mora) auch gekonnt inszeniert, es fehlt mir aber die Verschmelzung zu Louie Austens Stimme. Der Mora Mix beginnt mit einer göttlich sonoren Stimmlage  und läßt auf ein Duett der ganz besonderen Art hoffen, um dann leider in einem flauen Raeggae-Beat abzuflachen. Ich bin ein Zerissener und empfehle den Selbstversuch.