Angenommen … irgendwo in Wien, sagen wir in der Nähe der Roten Bar des Volkstheaters, steht ein Wegweiser, der in zwei Richtungen zeigt. Links geht es nach »Expressiver Experimentaljazz mit atonalem Hüftschwung«, rechts geht es nach »Diese Sache mit dem relaxten (aber doch auch intellektuellen) Barjazz«. Thomas Kaufmann (Altosax) und Oskar Aichinger (Piano) stehen vor diesem Wegweiser und sind unschlüssig. »Lass uns einen hinter die Binde kippen, dann nichts wie rauf auf die Bühne«, sagt Kaufmann und übt schnell noch Arpeggios und Schnatterlaute (à la Coltrane oder Dolphy). Dann gehen sie in die Rote Bar und nehmen ihre CD auf. »Kammerjazz im freien Fall zwischen Tradition und harmonischer Verweigerung«, könnte unser fiktiver Musikrichtungsschildermaler dazu sagen (irgendwer muss ja diesen verdammten Wegweiser gemalt haben). Manche Stücke (z. B. »Andata e Ritorno« oder »Acqua, Foco e Vento«) glänzen durch virtuose Lässigkeit und naturalistische Einsprengsel, andere wiederum verweigern sich dem Lässigen, wollen lieber durch expressive Dissonanz punkten. In Summe passt wohl das Etikett »polystilistischer Jazz«, veredelt allerdings von zwei grandiosen Instrumentalisten und einigen sehr gelungenen Passagen. Auf den Wegweiser wird (von den beiden Herren und uns) natürlich gepfiffen.